Abschlussbericht Calais
Die letzten Tage in Nordfrankreich sind für den NoNationTruck und seine Crew angebrochen. Wir wurden von einem Kollektiv in Italien angefragt, ob wir sie unterstützen können. Unser genaues Ziel werden wir in den kommenden Tagen bekannt geben.
Zurückblickend führte uns die erste Tour des Trucks in ein Gebiet, welches als Fluchhotspot 2015/2016 durch das große Camp „Jungle“mit bis zu 10 000 Bewohnerinnen bekannt wurde, allerdings schon seit den 90ern stetig als Anlaufpunkt für Menschen wuchs, die versuchten, nach England zu gelangen. So alt wie die Routen über die Hafenstädte Calais, Caen und Dunkerquerke schon sind, so lange gibt es dort auch schon Unterstützungsstrukturen. Diese Strukturen setzen sich aus unterschiedlichen Akteuren zusammen, welche gut organisiert flüchtende Menschen mit unter anderem Essen, Kleidung, Informationen und medizinischer Versorgung zu unterstützen. Waren es in den Anfängen insbesondere lokale Gruppen, Rentnerinnen und kirchliche Vertreterinnen, wuchsen internationale Organisationen mit dem Aufbau des „Jungle“ stark an und hatten finanziell auch immer mehr Möglichkeiten.
Die Unterstützung – so unser Eindruck – institutionalisierte sich, bekam ihre Routinen und auch die Öffentlichkeit „gewöhnte“ sich an das Elend, was dort herrscht. Gleichzeitig wird der staatliche Umgang mit den flüchtenden Menschen immer repressiver. Mit finanzieller Unterstützung aus Großbritannien wird das Polizeiaufgebot in der Region immer größer, flüchtende Menschen werden aus den Zentren der Städte verdrängt. Auch Gesetze wurden für die Region verschärft und die Rechtsprechung passt sich an. Menschen sollen mürbe gemacht werden, um abgeschreckt zu werden und möglichst kurz zu verweilen. Über die in diesem Zusammenhang zu erwähnenden regelmäßigen Räumungen haben wir bereits berichtet. In dieser Situation, in welcher die durchorganisierte Unterstützung der flüchtenden Menschen nichts daran zu ändern vermag, dass ihre Situation immer prekärer wird, fanden wir es nicht einfach, unsere eigene Rolle zu finden. Die Infrastruktur, die uns der Truck gibt – vornehmlich für Strom, Erste Hilfe und Essen – ist in Calais bereits sehr gut abgedeckt. Was es dort jedoch braucht sind Menschen, die diese Infrastruktur bespielen, aber auch den Blick für die politische Situation behalten. Menschen, die sich mit flüchtenden Menschen solidarisieren und gemeinsam mit ihnen kämpfen, anstatt sich als Helferinnen für unmündige Subjekte zu sehen.
Auf diesen gemeinsamen Kampf wollen wir weiterhin aufmerksam machen und ihn unterstützen. Beispielsweise durch mediale Aufmerksamkeit oder Unterstützer*innen. Von Orten wie Calais können wir alle viel lernen. Sei es wie sehr europäische Staaten alles dafür tun, um sichere Orte unzugänglich zu machen, wie sehr ihnen Menschen egal sind, die nicht die „richtige“ Staatsangehörigkeit haben. Aber auch wie all diese Bestrebungen, Menschen auf der Flucht nicht aufhalten können, wie sie weiter kämpfen, um ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten, auch wenn das bedeutet, jahrelang auf der Flucht zu sein, erneut in ein Schlauchboot zu steigen und das eigene Leben zu riskieren.Dieser Kampf ist nicht aufzuhalten und bedarf unser aller Solidarität.
Infos zu der Situation vor Ort findet Ihr u.a. unter https://calais.bordermonitoring.eu/