Baltischer Scouting-Bericht

Nachdem Teile des nonationtruck-Kollektivs bereits Unterstützungsstrukturen im Baskenland an der spanisch-französischen Grenze besucht haben, um mögliche Standorte für den Truck auszukundschaften, hat sich eine weitere Gruppe an die litauisch-belarussische Grenze begeben, um sich mit Unterstützungsstrukturen für Menschen auf der Flucht vor Ort zu treffen. Wir möchten hier einige Informationen über dieses Grenzgebiet weitergeben und eine Gruppe vorstellen, die dort aktiv ist, um einen kurzen Überblick zu geben.

Der Kontext:
Im Spätsommer 2021 entwickelte sich eine weitere Fluchtroute durch Belarus nach Westeuropa.
Im Jahr 2021 lockerte der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko erstmals bewusst die allgemeinen Reisebeschränkungen für einige Länder in Süd- und Ostasien sowie für einige afrikanische Länder.
Er setzte die Grenzkontrollen mit der EU aus. Mehrere Tausend Menschen nutzten die Gelegenheit zur Einreise und fuhren an die unkontrollierten Grenzen zu Polen, Litauen und Lettland. Mit den Lockerungen versuchte Lukaschenko, Druck auf die EU auszuüben, da diese Sanktionen gegen Belarus verhängt hatte.
Die Menschen auf der Flucht wurden jedoch an der polnischen Grenze nach Belarus zurückgedrängt und von Belarus nicht wieder ins Land gelassen. So saßen sie zwischen den Landesgrenzen in der Falle. Die Menschen wurden systematisch und gewaltsam daran gehindert, ihre Reise fortzusetzen, wenn sie die Grenze passierten. Polen sperrte Teile seiner Grenze zu Belarus mit einem fünfeinhalb Meter hohen Zaun ab. Viele Menschen blieben monatelang in den Grenzwäldern ohne jegliche Unterstützung.
Diese Instrumentalisierung von Flüchtlingen als Druckmittel für staatliche Interessen ist absolut inakzeptabel.

Gruppe:
Als Reaktion auf die unmenschliche Pushback-Politik in der Schengen-Grenzkrise wurde die Sienos Grupė (Instagram @sienosgrupe) gegründet.
Die Gruppe unterstützt Menschen auf der Flucht, indem sie direkte humanitäre Hilfe sowie Rechtsberatung in Litauen anbietet. Zu diesem Zweck sind sie über ein „Alarmphone“ 24 Stunden lang erreichbar.

Bei unserem Treffen sprachen wir unter anderem über die aktuelle Verlagerung der Route von Litauen nach Lettland. Sowie über die verstärkten Repressionen an der lettischen Grenze für Mitglieder der Sienos Grupė. Wir haben von dem jüngsten Vorfall erfahren, bei dem die Unterstützer von der Grenzpolizei mit einer Waffe bedroht wurden.
Dennoch will sich die Gruppe in ihrer Arbeit nicht behindern lassen und baut ihre Unterstützung an der lettischen Grenze aus.

Nach unserem Treffen haben wir beschlossen, nicht mit dem Lastwagen an diese Grenze zu fahren. Wir sehen die Vernetzung mit den Menschen vor Ort als wesentlich an, z.B. um staatliche Taktiken zu vergleichen, aber auch um Verteidigungsstrategien zu entwickeln. Wir sehen ein gut vernetztes Netzwerk an der Grenze als notwendig an, um über die Entwicklungen an den Grenzen auf dem Laufenden zu bleiben.