ende unserer ersten mission
Nach der Räumung des besetzten „Refugios“ am 5. August haben sich die solidarischen Strukturen auf Grund des gestiegenen Repressionsdrucks aus dem direkt an der französisch-italienischen Grenze liegenden Bergdorf Claviere zurückziehen müssen. Da das daneben liegende Grenzcamp, zu dem unser Truck gehörte, ebenfalls Ziel der Repressionen war, mussten auch wir uns einen neuen Standort suchen. Gefunden haben wir diesen in dem 16 km von der Grenze entfernten und ca. 1000 Höhenmeter tiefer gelegenen italienischen Ort Oulx. Von dort aus konnte das Team die unterstützende Arbeit wieder aufnehmen, blieb aber auch hier von Polizeikontrollen nicht verschont.
Auch während der Zeit in Oulx entwickelten die Behörden zahlreiche neue Methoden, um die Situation für Menschen ohne Papiere weiter zu verschlechtern:
- Zwang, den Schengenraum zu verlassen: Eine Praxis war selbst der ortsansäßigen Anwältin neu: Bei Weigerung einen Asylantrag in Italien zu stellen, werden den aufgegriffenen Personen nun Schreiben ausgestellt, in denen die italienischen Behörden das Verlassen des Schengen-Raums innerhalb einer 10-tägigen Frist fordern. Andernfalls drohe den Personen die Abschiebung in ihr Herkunftsland. Bis dahin war nur die Aufforderung zum Verlassen von Italien bekannt, aber nicht von ganz Europa.
- Kontrollen im öffentlichen Busverkehr: Zudem beobachteten wir erstmals Zugangskontrollen zu den Bussen, die von Oulx in Richtung französischer Grenze fahren. Hierbei wurde Menschen ohne Papiere der Zugang zu den Bussen verwehrt. Dass dies ohne rechtliche Grundlage geschieht, zeigt der Fakt, dass diese Kontrollen durch die Anwesenheit von solidarischen Menschen meist beendet oder garnicht erst begonnen wurden.
- Erschwerung der Route: Ab dem 1. Oktober wurde die Anzahl der Busse zur französischen Grenze auf 2 pro Tag reduziert, weil das französische Bussunternehmen ZOU die Haltestellen zwischen Oulx und der Grenze gestrichen hat. Somit sind die Linien des Unternehmens nicht mehr für Menschen ohne Papiere nutzbar. Dies soll laut Unternehmen bis Anfang 2022 so bleiben. Das bedeutet das Menschen ausgerechnet im Winter viele Stunden länger der Kälte ausgesetzt sind, da sie eine deutlich(!) weitere Strecke zu Fuß durch die Berge gehen müssen. Die Grenze ist so zu einen noch schwerer zu überwindenden Hindernis geworden.
Um dieser Entwicklung zumindest ein Stück weit entgegenzuwirken, wurde von solidarischen Strukturen das seit Jahren leer stehende „Casa Cantoniera“ am 3. Oktober in direkter Nähe zur Grenze besetzt.
Da die Struktur des Trucks seitdem weniger nötig war und weiteres Bleiben durch den Ausfall der Heizungsanlage und den einsetzenden Winter unmöglich wurde, war es an der Zeit für uns, Oulx zu verlassen, um in Deutschland wichtige Reparaturen durchzuführen.
Der Struggle an den europäischen Innen- und Außengrenzen geht weiter: Kurz nach unserer Ankunft in Deutschland erreichte uns die Nachricht der erneuten Räumung des zuvor besetzten Hauses — die Situation könnte damit für Menschen ohne Papiere in der eisigen Bergregion in den kommenden Wintermonaten kaum schlimmer sein.
Wir rufen dazu auf, euch weiter über die Entwicklungen in der Region unter https://www.passamontagna.info/?lang=en zu informieren und darüber nachzudenken, wie ihr helfen könnt!