NNT goes Eisenhüttenstadt

Barfuss und in Badelatschen standen ein paar Männer letze Woche bei Minusgraden und leichtem Schnee vor unserem Truck, als wir das erste Mal nach Eisenhüttenstadt gefahren sind. Schnell hat es sich in dem Lager, in dem aktuell mehr als 1000 Personen auf einen Asylbescheid warten, herumgesprochen und immer mehr Menschen kamen raus in die Kälte. Zwischendurch waren es mehr als 50 Menschen, die vor allem Lust hatten, ins Gespräch zu kommen.
Abwechslung gibt es hier wenig, sagen sie, Kontakt mit der Nachbarschaft oder Anwohner:innen gar nicht. Wir sind mit dem No Nation Truck nach „Hütte“ gefahren, um herauszufinden, welcher Bedarf nach Unterstützung besteht, da uns immer wieder Berichte über Missstände dort erreichten. Im Gespräch bei warmen Tee erzählten die Menschen von verschiedenen Problemen im Lager: 
Kein Geld: Viele warten noch Wochen, teils Monate, nach der Einreise auf erstes Geld, das ihnen eigentlich ab dem ersten Tag im Lager zusteht. Das schränkt die ohnehin schlechte Mobilität noch mehr ein, weil Menschen nicht mal ein Busticket kaufen können, um mal aus dem Lager rauszukommen. 
Zu wenig Kleidung: Die Kleiderkammer im Lager scheint zwar existent, aber nicht zugänglich. Öffnungszeiten sind undurchsichtig und ungünstig gelegen, die Kammer schlecht sortiert. Viele Menschen haben seit Wochen keine Winterklamotten und gehen in Schlappen oder im T-Shirt auch bei Schnee vor die Tür.
Abgeschiedenheit: Das Lager liegt am Rand von Eisenhüttenstadt. Es gibt keine Nachbarschaftszentren oder Anlaufstellen, die mensch zu Fuß erreichen kann. Viele Geflüchtete suchen vergeblich nach Deutschkursen und netten Kontakten in der Gegend. 
Schlechte Informationslage: Unabhängige Rechtsberatung im Lager wird von einem Verein angeboten, der das toll macht, aber sehr unterbesetzt ist. Vielen Menschen fehlt Basis Wissen zum deutschen Asylsystem, Dublin EU-Verfahren und ihren Rechten. Workshop oder Aushänge im Lager, die diesem Misstand entgegen wirken würden, gibt es von Lagerseite nicht. 
Generell scheint die Kommunikation im Lager zwischen Sozialarbeiter:innen und Bewohner:innen auf das mindeste reduziert zu sein. Ob das Essen halal ist, wie man an Klamotten kommt, wo man psychologische Hilfe findet oder welche Schritte nach der Ankunft anstehen – Informationsmaterial in den Sprachen der Bewohner:innen scheint es nicht zu geben und das Personal spricht scheinbar auch nur das Nötigste mit den Geflüchteten.
Wir haben den Eindruck, dass in Eisenhüttenstadt vieles fehlt und sich einiges ändern muss. Wir haben nicht vor, die Aufgaben des Staates hier zu übernehmen. Zusammen mit verbündeten Kollektiven wie der No Border Assembly, Women in Exile, dem frach Kollektiv und Küfa-Gruppen wollen wir in den kommenden Wochen einen Rahmen  schaffen, in dem Menschen sich selbstwirksam vernetzen und gegenseitig unterstützen können, sodass Druck auf die Einrichtung entsteht. 
Das Leben und Ankommen in Eisenhüttenstadt ist unmenschlich und muss besser werden! 
Right to come, right to go, right to stay.