Update Dunkerque/Calais
Seit Ankunft des Trucks Anfang März fahren wir mehrmals wöchentlich zum Camp in den Park „Puythouck“, der mehr einer Brache gleicht und aufgrund des kleines Spielplatzes vor Ort, von allen nur der „Playground“ genannt wird. In dem informellen Camp leben zwischen 150 und 300 Menschen. Diese Zahl variiert stark, da dort eine hohe Fluktuation herrscht. Dies ist teilweise darauf zurückzuführen, dass es noch stetig Menschen gelingt, nach Großbritannien zu gelangen. Auch wenn bereits einige andere Gruppen vor Ort viele basic needs abdecken, wird unsere Ladestation, an der ungefähr 80 Endgeräte gleichzeitig laden können, sehr gut angenommen. Nach dem gemeinsamen Aufbau der Station, bleibt viel Zeit, sich auszutauschen und Tee zu trinken. Die individuellen Erlebnisse und Schicksale sind dabei vielfältig. Viele der Menschen haben bereits einige Jahre in Deutschland gelebt, doch aufgrund des Mangels von Perspektiven und der systematischen Ausgrenzung, sind viele weiterhin auf der Suche nach einem menschenwürdigeren Leben und versuchen daher nach Großbritannien zu gelangen. Zusätzlich haben wir bereits an einigen Freitagabenden für rund 100-150 Menschen gekocht, da an diesem Tag das Abendessen nicht von anderen Gruppen abgedeckt wird.
Dennoch sind die Menschen am „Playground“ – wenngleich bedeutend weniger als in Calais – kontinuierlich immenser Repressionen durch die Polizei ausgesetzt. So werden Räumungen regelmäßig, als auch in unberechenbaren Zeitabständen duchgeführt, um die Bewohner*innen zu schikanieren. Bereits während unseres recht kurzen Aufenthalts in dieser Gegend, konnten wir beobachten, wie people on the move immer weiter in die Wälder des Parks zurückgedrängt, ihre Zelte zerstört werden und sie sich jedes Mal von Neuem zurechtfinden müssen.Letzten Freitag wurde das Camp erneut geräumt. Nur diesmal wurden die Zelte nicht einfach zerstört, sondern mit Baggern „abgetragen“ und zu einem neuen Ort, der ca. 5 km vom „Playground“ entfernt liegt, gebracht und dort wieder aufgebaut. Dieses neue Camp liegt abgelegen von der Stadt und der Straße, inmitten einer bewaldeten Brache neben Bahnschienen und einer Chemifabrik. Die Bewohner*innen des alten Camps wurden unter Androhung von Repressionen durch die Polizei dazu gebracht, mit ihren restlichen Sachen in das neue Camp umzuziehen. Dort wurde sogar ein extra Bereich für die Arbeit der NGO‘s mit Kies aufgeschüttet und eine zusätzliche Wasserstelle installiert, die wohl gesagt viel zu klein für die hohe Anzahl an Menschen ist. Schon später am Tag wirkte es als existiere das Camp schon ewig.Die Strategie dieser Maßnahme ist offensichtlich. Camps wie dieses sollen außerhalb der Sichtweite der lokalen Bevölkerung verweilen, ganz nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“. Dass dies keine Verbesserung der grundlegend beschissenen Situation, sondern lediglich eine Verlagerung der humanitären Katastrophe an einen anderen Ort darstellt, ist hierbei wohl ebenfalls offensichtlich.
Solidarität statt Charity!