Update Dunkerque/Calais

Seit Ankunft des Trucks Anfang März fahren wir mehrmals wöchentlich zum Camp in den Park „Puythouck“, der mehr einer Brache gleicht und aufgrund des kleines Spielplatzes vor Ort, von allen nur der „Playground“ genannt wird. In dem informellen Camp leben zwischen 150 und 300 Menschen. Diese Zahl variiert stark, da dort eine hohe Fluktuation herrscht. Dies ist teilweise darauf zurückzuführen, dass es noch stetig Menschen gelingt, nach Großbritannien zu gelangen. Auch wenn bereits einige andere Gruppen vor Ort viele basic needs abdecken, wird unsere Ladestation, an der ungefähr 80 Endgeräte gleichzeitig laden können, sehr gut angenommen. Nach dem gemeinsamen Aufbau der Station, bleibt viel Zeit, sich auszutauschen und Tee zu trinken. Die individuellen Erlebnisse und Schicksale sind dabei vielfältig. Viele der Menschen haben bereits einige Jahre in Deutschland gelebt, doch aufgrund des Mangels von Perspektiven und der systematischen Ausgrenzung, sind viele weiterhin auf der Suche nach einem menschenwürdigeren Leben und versuchen daher nach Großbritannien zu gelangen. Zusätzlich haben wir bereits an einigen Freitagabenden für rund 100-150 Menschen gekocht, da an diesem Tag das Abendessen nicht von anderen Gruppen abgedeckt wird.
Dennoch sind die Menschen am „Playground“ – wenngleich bedeutend weniger als in Calais – kontinuierlich immenser Repressionen durch die Polizei ausgesetzt. So werden Räumungen regelmäßig, als auch in unberechenbaren Zeitabständen duchgeführt, um die Bewohner*innen zu schikanieren. Bereits während unseres recht kurzen Aufenthalts in dieser Gegend, konnten wir beobachten, wie people on the move immer weiter in die Wälder des Parks zurückgedrängt, ihre Zelte zerstört werden und sie sich jedes Mal von Neuem zurechtfinden müssen.Letzten Freitag wurde das Camp erneut geräumt. Nur diesmal wurden die Zelte nicht einfach zerstört, sondern mit Baggern „abgetragen“ und zu einem neuen Ort, der ca. 5 km vom „Playground“ entfernt liegt, gebracht und dort wieder aufgebaut. Dieses neue Camp liegt abgelegen von der Stadt und der Straße, inmitten einer bewaldeten Brache neben Bahnschienen und einer Chemifabrik. Die Bewohner*innen des alten Camps wurden unter Androhung von Repressionen durch die Polizei dazu gebracht, mit ihren restlichen Sachen in das neue Camp  umzuziehen. Dort wurde sogar ein extra Bereich für die Arbeit der NGO‘s mit Kies aufgeschüttet und eine zusätzliche Wasserstelle installiert, die wohl gesagt viel zu klein für die hohe Anzahl an Menschen ist. Schon später am Tag wirkte es als existiere das Camp schon ewig.Die Strategie dieser Maßnahme ist offensichtlich. Camps wie dieses sollen außerhalb der Sichtweite der lokalen Bevölkerung verweilen, ganz nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“. Dass dies keine Verbesserung der grundlegend beschissenen Situation, sondern lediglich eine Verlagerung der humanitären Katastrophe an einen anderen Ort darstellt, ist hierbei wohl ebenfalls offensichtlich.

Solidarität statt Charity!

Aktuelle Situation in Calais/Dunkerque

Aktuelle Situation in Calais/Dunkerque

Da es keine akute Dringlichkeit mehr für uns und den Truck in Caen gab (s. vorheriger Post), haben wir uns im Norden Frankreichs nach anderen Orten umgeschaut. Diesbezüglich sind wir unter anderem mit Aktivist*innen aus Calais und Umgebung in Kontakt getreten. Eine Region, die seit mehreren Jahren eine geografische Schnittstelle für Fluchtbewegungen in Europa darstellt. Calais und Umgebung beherbergt eine große Zahl Geflüchteter, die zudem einer immensen staatlichen Repression ausgesetzt sind. Aufgrund dessen haben wir uns vorerst dazu entschieden unsere Arbeit dorthin zu verlegen.

Die Stadt Calais ist vielen sicherlich ein Begriff, denn durch ihre geographische Lage an der mit 34 Kilometern engsten Stelle des Ärmelkanals, in deren Mitte die französisch-britische Staatsgrenze verläuft, ist sie seit jeher von Mobilität und Migration geprägt. Seit der Räumung des großen „Jungle“ im Herbst 2016 hat sich die Situation der Menschen auf der Flucht immer weiter prekarisiert. Der Zugang zu medizinischer Versorgung, Strom, Essen wird erschwert und eine erneute Urbanisierung der Camps soll mit allen Mittel verhindert werden. So leben derzeit etwa ungefähr 900 Menschen in kleineren informellen Camps, die sich in der Regel auf Grundstücken der Stadt befinden (Parks, Grünflächen, Parkplätze etc.) und deshalb ohne Räumungstitel geräumt werden dürfen. Daraus hat sich die perfide Routine entwickelt, dass die Camps alle zwei Tage durch die Cops geräumt werden, um einige Stunden später wieder genau dort errichtet zu werden. Da die Polizei alle persönlichen Gegenstände, Zelte und Feuerstellen zerstört, packen die Camp-Bewohner*innen ihre Sachen selbst zusammen, bringen sie weg und warten, bis die Polizei sich wieder entfernt. Vieles davon ist bereits sehr gut dokumentiert. [1] 

Trotz repressiver staatlicher Taktiken und erschwerter Bedingungen aufgrund der Corona-Pandemie sind weiterhin viele Organisationen vor Ort, welche die Versorgung mit Essen, Kleidung, Erster Hilfe und Feuerholz gewährleisten. Deswegen haben wir unseren Fokus auf den Raum Dunkerque verlagert, das knapp 40 km östlich von Calais liegt und nach diesem die am zweitstärksten frequentierte Fährverbindung zwischen dem Festland und Großbritannien ist. Entsprechend existieren seit den frühen 2000er Jahren auch im Raum Dunkerque kleine informelle Camps, so etwa in Téteghem und in der Kleinstadt Grande-Synthe, von der aus sowohl der Fährhafen als auch die zugehörigen Infrastrukturen des Fernlastverkehrs gut erreichbar sind. [2], [1, S.102] 

Das größte Camp dort befindet sich in einem Erholungs- und Naturgebiet namens Puythouk in Grande-Synthe, wo sich eine zum größten Teil kurdische Community aus dem Irak, Iran und Syrien aufhält. Auch dort gibt es einige Gruppen, die sich um die essentiellen Bedürfnisse kümmern und nach Vernetzung und Absprache mit ihnen, haben wir beschlossen, dort mit dem Truck regelmäßig eine Ladestation aufzubauen und gelegentlich zu kochen. Dazu im nächsten Beitrag mehr.

[1] https://bordermonitoring.eu/wp-content/uploads/2018/08/bm.eu-report-2018-calais-web.pdf)

[2] https://calais.bordermonitoring.eu/2020/03/25/vorgeschichte-teil-2-grande-synthe/#more-38)

Ein Update aus Frankreich

Für unsere erste Mission haben wir eine Scouting Crew nach Caen, Nordfrankreich geschickt um die Situation vor Ort zu analysieren und abzugleichen, ob und wie unser Truck mit unseren Leistungen supporten kann.  Caen liegt in der Normandie und obwohl die Gegend nicht zwingend dafür bekannt ist, befinden sich auch hier viele People on the Move. Momentan sind laut Einschätzung von lokalen Gruppen, mit denen wir uns dort vernetzt haben, ungefähr 500 Menschen unterwegs. Ein Teil davon will Asyl in Frankreich beantragen, viele aber wollen nach Großbritannien. 

 Im Rahmen des Plans Grand Froid (Großer Kälte Plan), eine Maßnahme, die in Frankreich existiert, um Menschen vor extremer Witterungsbedingungen im Winter zu schützen, sind ein Großteil der Menschen zurzeit in Notunterkünften untergebracht. Allerdings läuft diese Maßnahme nur für die Monate extremer Kälte, danach werden die Leute wieder auf die Straße gesetzt. Diejenigen, welche die Bedingungen für diese Notunterkünfte nicht erfüllen, müssen weiterhin auf der Straße bleiben, auch bei Minustemperaturen. Dies betrifft meist Männer oder Jugendliche, die alleine fliehen. Lokale Gruppen bringen flüchtende Menschen in für sie besetzten Häusern unter, sind jedoch seit letztem Jahr mit verstärkter Repression und vermehrten Räumungen konfrontiert (2020 waren es 12). 

Unsere Crew war in drei verschiedenen inoffiziellen Camps (sog. wild camps). Das erste, bekannteste und größte ist in Ouistreham, einer kleinen Hafenstadt rund 14 Kilometer von Caen entfernt. Als unsere Crew vor Ort war, haben rund 60 Menschen dort gewohnt, zwischen 13 und 35 Jahren alt, die meisten aus dem Sudan. Ein Großteil von ihnen woltlte nach Großbritannien. Einmal die Woche kommt eine staatliche Reinigungsfirma, begleitet von der Gendarmerie (Militärpolizei), um das Camp „zu reinigen“, was einer routinierten Räumung gleichkommt. Saubermachen tun sie nicht wirklich, es ist eher eine Taktik, um die Menschen zu zermürben und einzuschüchtern, da sie alle ihre persönlichen Gegenstände und Zelte zusammenpacken müssen und Rückzugsorte zerstört werden. In Frankreich rotieren die Einheiten der Polizei alle zwei Wochen, damit sie keine Empathie mit den Menschen aufbauen. In Ouistreham sind viele starke lokale Gruppe aktiv, die sich um Notversorgung wie Essen, Holz, Klamotten, Schuhe, Strom und medizinische Betreuung kümmern. Jeden Tag sind mindestens zwei Gruppen vor Ort und die Leute, mit denen wir in den Camps geredet haben, schienen sich mit dem existierenden Support zufrieden zu fühlen. Insbesondere der Zusammenhalt der Community und die Selbstorganisation inklusive kollektiver Selbstverteidigung bei Polizeigewalt hat unsere Crew beeindruckt.

 In der Stadt Caen hat unsere Crew zwei weitere Squats mit jeweils ca. 20 Menschen aus der afghanischen Community kennengelernt. Dort wollen oder haben die Menschen schon in Frankreich Asyl beantragt, haben aber das Problem, dass ihnen keine Unterkünfte gestellt werden, obwohl sie rechtlich eigentlich einen Anspruch darauf hätten. Auch hier werden die Communities von lokalen Gruppen unterstützt und können sich tagsüber im „Willkommens Center“ aufhalten, wo Essen, WLAN, Strom und Duschen zu Verfügung gestellt werden. In Cherbourg, einer anderen Hafenstadt rund 120 Kilometer von Caen entfernt, von wo aus täglich Fähren nach Irland und Großbritannien fahren, existiert ein weiteres inoffizielles Camp mit circa 25 Menschen, die meisten von ihnen aus Afghanistan. Dort gibt es eher individuellen Support als politische Gruppen, es gibt jedoch auch weniger Konflikte mit der Polizei. Die Menschen berichteten uns aber, dass die Hafensecurities sehr brutal mit ihnen umspringen, sie schlagen und den gehassten Spürhund auf sie hetzen. Auch hier sind die Menschen sehr gut selbstorganisiert.

ERSTE MISSION. NORDFRANKREICH

Überblick:

Seit Mitte Januar ist unsere Spotting Crew für den No Nation Truck in Nordfrankreich unterwegs und verschafft uns einen Überblick zur Situation geflüchteter Menschen in der Region. Entlang der Küste gibt es mehrere Häfen mit täglichen Fährverbindungen nach Großbritannien bzw. Irland. Durch den Brexit entstand dieses Jahr (2021) hier eine weitere Außengrenze der EU.

Ziel dieser Crew ist es die Bedürfnisse der Flüchtenden zu erfragen, herauszufinden wie das Verhältnis der Menschen zu Anwohner*innen, lokalen Unterstützungsstrukturen sowie den sogenannten Sicherheitsbehörden ist und final die Ankunft des LKWs vorzubereiten.

Aus verschiedenen Gründen versucht ein Teil der Menschen mit Fähren in die UK oder nach Irland überzusetzen. Einerseits gibt es dort durch die Kolonialgeschichte größere migrantische Communities von Menschen aus einigen Regionen.

Außerdem wird sich durch die Amtssprache Englisch ein leichterer Zugang zu Arbeit und sozialer Teilhabe erhofft.

Der Brexit stellt nun alle vor große Fragen und bereits jetzt ist zu beobachten, dass sich die Routen beispielsweise nach Irland verschieben. Wir wissen von mehreren wilden Camps in der Gegend und haben diese teilweise schon besucht um uns ein Lagebild zu machen und die Bedürfnnisse der Menschen einschätzen zu können.

Durch die gegenwärtige Corona Lage und der neuen Mutation des Virus in Großbritannien fahren viel weniger LKW´s, es gibt verschärfte Kontrollen mit Hunden und es findet ein technisches Aufrüsten statt. Die Grenzanlagen an den Häfen werden verstärkt, mehr Cops eingestellt und Hightech Scanner sowie andere Überwachungstechnologien werden installiert.

Ende letzten Sommers waren schon zwei Menschen aus unserem Kollektiv hier, haben erste Erfahrungen in dieser Region gesammelt und sich mit lokalen Strukturen vernetzt.

In den vergangenen Wochen standen wir mit vielen Menschen und Gruppen im Austausch, welche uns sehr herzlich und tatkräftig willkommen geheißen und bei vielem unterstützt haben.

Aktuelle Lage:

Die Lage hier hat sich, im Vergleich zum letzten Sommer, unerwarteter (und glücklicher) Weise verbessert:

Erstens sind viele lokale Gruppen regelmäßig bei den Menschen in den Wildcamps. Sie verteilen dort kaltes wie warmes Essen, bringen Wasser und schauen den Cops auf die Finger, wenn diese mit einem städtischen Reinigungsdienst jede Woche kommen und ihre Macht demonstrieren.

Zweitens wurden einige Menschen aufgrund der eisigen Temperaturen in Hostels untergebracht (in denen es allerdings an Kochmöglichkeiten fehlt) und das französische Gesetz lässt Räumungen von besetzten Häusern während des Winters weniger zu. Lokale Gruppen rechnen allerdings mit Gesetzesverschärfungen und einem Anstieg der Repression gegen Besetzungen in der bevorstehenden Zeit.

Andererseits haben wir die Befürchtung, dass sich die Lage mit Frühlingsanbruch und abfallenden Corona Zahlen schnell wieder verschlechtern könnte, weil Menschen wieder auf die Straße gesetzt werden sobald der Staat keine hässlichen Bilder von Kälte- und Corona Toten mehr befürchtet.

Was es zusätzlich zu beobachten gilt, ist wie in vielen anderen Grenzregionen auch, systematische rassistische Gewalt von lokalen Behörden wie Frontex, der Gendarmerie und der Polizei. Wir haben etliche Erlebnisberichte von Polizeigewalt gehört, bei denen Menschen von den Cops 30 km weit verschleppt wurden und ohne Schuhe und Telefon in der Nacht ausgesetzt wurden und den Weg zurück zu Fuß finden mussten. Das Borderviolence Monitoring wäre hier sehr nützlich, um die systematische Grenzgewalt aufzuzeigen.

Insgesamt stellen wir fest, dass in Frankreich sehr viele Geflüchtete mit unterschiedlichen Zielen festhängen und sich meist in Gruppen von 20-50 Menschen zusammenfinden um sich gegenseitig zu unterstützen und auf ihrem Weg weiterzukommen oder die langwierigen Wartezeiten für die Asylprozesse zu überstehen. Laut Aussagen der aktiven Locals nimmt die Repression in Form von Räumungen, Kontrollen, neuen Gesetzen und Gewalt deutlich zu. Mit dem No Nation Truck wäre es möglich, Erste Hilfe und warmes Essen anzubieten, um somit mobil und flexibel auf die Gewaltverschärfung zu reagieren.

Aufbruch:

Momentan stehen wir vor der Aufgabe, auf die veränderte Situation angemessen zu reagieren. Uns ist ein verantwortungsvoller und transparenter Umgang mit unseren Unterstützer*innen wichtig.

Deshalb haben wir uns dazu entschieden, dass der No Nation Truck in wenigen Tagen Richtung Nordfrankreich losrollen wird. Wir werden unseren Fokus darauf umlegen, bereits bestehenden Strukturen mit dem was der LKW kann solidarisch zuzuarbeiten. Wir möchten dazu beitragen, die örtliche Szene stärker in das europaweite No Border Netzwerk einzubinden, Grenzgewalt zu dokumentieren und zu veröffentlichen.

Unser Ziel bleibt es weiterhin den LKW schnellstmöglich in Richtung Balkan zu lenken, da die Umstände für flüchtende Menschen in dieser Region Europas sicher am katastrophalsten sind und unser Gefährt auf die Bedürfnisse der Menschen dort konzipiert wurde.

Bis uns der Weg in den Balkan mit dem LKW möglich ist wird der Truck und die Crew in der französischen Normandie auf Mission sein um die hier von der EU im Stich gelassenen Menschen zu unterstützen und die blinden Flecken der europäischen Abschottungspolitik sichtbar zu machen und anzuprangern.

P.S.: Wir halten weiterhin die Ohren offen um schnell reagieren zu können, wenn wir von neuen wilden Camps hören, in denen es eine größere Notwendigkeit für mobile Infrastruktur (Strom, Wasser, Küche, Medizin. Ersthilfe) gibt.

Also lasst uns unbedingt wissen, wenn ihr von solchen Orten in Europa wisst!

 

Solidarische Grüße, NNT.

Jahresrückblick 2020 // Revue de l’année 2020

[en français ci-dessous]

Liebe Unterstützer*innen und Mitleser*innen, liebe Community,

wir blicken auf ein ereignisreiches Jahr 2020 zurück. Seit nun fast einem Jahr verfolgt uns die Corona Pandemie und die damit verknüpften Einschränkungen nahezu in alle Lebens-, Arbeits- und Politikbereiche. Auch unsere politischen Tätigkeiten und ursprünglichen Pläne wurden davon teilweise beeinflusst. Jedoch können und konnten wir uns irgendwie flexibel arrangieren, verschiedene Vorhaben anpassen und gemeinsam alternative Ideen entwickeln. Für Geflüchtete, die teilweise seit Jahren in den Lagern und Wäldern der europäischen Außengrenzen ausharren müssen, ist mit der Coronapandemie hingegen ein weiterer Faktor hinzugekommen, der die humanitäre Katastrophe nur noch weiter verstärkt. In den Lagern der Ägäischen Inseln Lesbos, Samos und Chios ist es zum Beispiel seit Monaten weder möglich die notwendigen Abstände einzuhalten oder Hygieneartikel für alle Bewohner*innen zu erwerben, noch stehen ausreichend Masken zur Verfügung, um sich selbst und andere vor einer Infektion zu schützen. Die desaströsen Isolationsbedingungen für Infizierte und ihre Kontaktpersonen sowie die generellen medizinischen Verhältnisse verweisen in den Zeiten der Pandemie einmal mehr darauf, für welche Menschen innerhalb der EU Gesundheitsschutz gilt und für welche nicht [1],[2]. Doch auch in anderen Hotspots der EU, wie an der französischen Nordwestküste oder der sogenannten Balkanroute, manifestieren sich menschenverachtende Bedingungen. So werden seit Monaten in den Küstenregionen des Ärmelkanals in Frankreich provisorische Camps von den örtlichen Repressionsbehörden brutal geräumt. Menschenrechtsbeobachter*innen dokumentierten dabei kürzlich wie die Bullen Zelte und Planen mit Messern zerstörten und übrige persönliche Gegenstände, wie Kleider, Taschen oder Mobiltelefone vernichteten. Mittels solcher repressiver Strategien wurden bis zum 8. Dezember über 984 Räumungen in und um Calais durchgeführt. Dabei wurde die Arbeit der Menschenrechtsbeobachter*innen regelmäßig durch die Behörden torpediert, teilweise unter dem Vorwand der Corona-Bestimmungen [3]. Ähnlich geht es auch auf der sogenannten Balkanroute zu. So berichtet der Border Violence Report monatlich über kontinuierlich stattfindende (illegale) Pushbacks aus Kroatien oder gar angrenzenden Staaten, wie Slowenien. Die kroatischen Bullen stechen dabei allerdings mit ihren Folterpraktiken und körperlichen Misshandlungen besonders hervor [4]. Seit Jahren existieren Dokumentationen darüber, wie Geflüchtete illegal nach Bosnien oder Serbien zurückgedrängt werden. Das geht einher mit vorsätzlicher, strategisch geplanter, mutwilliger und kollektiv organisierter Körperverletzung der Geflüchteten sowie der Zerstörung all ihrer persönlichen Gegenstände [5],[6]. In diesem Jahr wurden darüber hinaus in der internationalen Presse Fälle veröffentlicht, in denen die kroatische Polizei Geflüchtete mit Farbe markierte, bevor der illegale Pushback nach Bosnien vollzogen wurde [7].
Diese Vorfälle würden sich nicht nur nahezu unendlich fortführen lassen, sie unterstreichen insbesondere den rassistischen Charakter der europäischen Grenzpolitik und eine nicht mehr zu verharmlosende politische Strategie des europäischen Grenzregimes, die schlussendlich auf Abschreckung setzt, anstatt den eigenen liberal-demokratischen Wertevorstellungen und Gesetzeslagen zu folgen.

Wir als No Nation Truck wollen diesen Kontinuitäten etwas entgegensetzen. Seit mehr als einem Jahr organisieren wir unsere erste Mission, die zwar zu keiner radikalen Transformation des grenzpolitischen Rassismus Europas führt, allerdings die notwendige praktische Solidarität mit sich bringt, um auf diese Zustände zu antworten. An unserem LKW werden momentan die letzten Baumaßnahmen getroffen, sodass unsere Operation bald starten kann. Wie wir bereits seit Beginn des Projekts ankündigten, werden wir in unserer 7,5t Kiste eine Menge warme Mahlzeiten kochen können, medizinische Erstversorgung leisten und ein starkes Stromversorgungssystem bereitstellen, um circa 50 Endgeräte auf einmal zu laden. Trotz einiger Verzögerungen sind wir schlussendlich sehr stolz darauf, dass unsere ursprünglichen Pläne erfolgreich umgesetzt werden konnten und die praktische Arbeit an der Außengrenze endlich beginnen kann. Nachdem wir in den zurückliegenden (vergangenen) Monaten viel Zeit damit verbracht haben über Crewing, gegenwärtige Aufgabengebiete sowie interne Strukturen zu diskutieren und zukünftige Strategien und Handlungsspielräume zusammen ausloteten, starten wir mit einer hohen Motivation ins neue Jahr. Schwerpunktmäßig werden wir neben der Bereitstellung der eben genannten Basic Needs darauf setzen, zusammen mit weiteren Netzwerken Grenzgewalt zu dokumentieren und zu veröffentlichen. Dabei heißen wir es willkommen, wenn sich neben bzw. mit uns zusammen andere Graswurzelnetzwerke gründen, die ebenfalls einen Teil dazu beitragen, dass die rassistischen Ungerechtigkeiten der europäischen Migrationspolitik nicht kommentar- und tatenlos hingenommen werden. Herrschende politische Akteur*innen gehören unter Druck gesetzt und Menschen in Notsituationen dürfen schlichtweg nicht sich selbst überlassen werden! 
Wir möchten zudem unterstreichen, dass es möglich und notwendig ist politische Projekte auf den Weg zu bringen und sich dabei durch Selbstorganisierung, Autonomie und Kollektivstruktur handlungsfähig zu machen und dabei Prozesse der Selbstermächtigung anzustoßen. 

Wir bedanken uns bei den vielen Unterstützer*innen, allen tatkräftigen und solidarischen Händen, die Solipartys und Plattformen organisieren, durch die wir unser Projekt finanzieren und bewerben können. Ein großer Bestandteil unserer (immer noch nicht perfekt ausgeprägten) gegenwärtigen Professionalität resultiert aus der großartigen Unterstützung, die wir auf vielen unterschiedlichen Ebenen erhalten haben. 

Stay tuned, stay rebel – Ihr werdet von uns hören! Solidarische Grüße, Euer No Nation Truck!

[1] – https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-migrantencamps-moria-hilfsorganisationen-100.html

[2] – https://www.spiegel.de/panorama/camps-fuer-fluechtlinge-in-griechenland-hier-koennen-wir-nicht-leben-a-b13c66e2-fc41-4ec3-b639-e496e470ed43

[3] – https://calais.bordermonitoring.eu/2020/12/09/auf-dem-weg-zur-tausendsten-raeumung/?fbclid=IwAR1rNADiuekEEP1Nb2FQtiKp6UTvtiMBOIfJbmxkFGq_83kKrYw5oaryzDk

[4] – https://www.dw.com/de/kroatien-pushbacks-im-interesse-der-eu/a-55702940

[5] – https://www.borderviolence.eu/background/

[6] – https://www.borderviolence.eu/category/monthly-report/

[7] – https://www.theguardian.com/global-development/2020/may/12/croatian-police-accused-of-shaving-and-spray-painting-heads-of-asylum-seekers

 

version française:

Chers supporters et lecteurs, chère communauté, 

Nous avons eu une année plein d‘événements. Depuis près d’un an maintenant, la pandémie et les restrictions qui y sont associées nous suivent dans presque tous les domaines de la vie, du travail et de la politique. Même nos activités politiques et nos projets initiaux en ont été partiellement affectés. Cependant, nous avons pu nous organiser de manière flexible, adapter divers projets et développer ensemble des idées alternatives. D’autre part, pour les réfugiés, dont plusieurs ont été contraints de survivre pendant des années dans les camps et les forêts des frontières de l’Europe, la pandémie de Covid a ajouté un autre facteur qui ne fait qu’aggraver la catastrophe humanitaire. Dans les camps des îles égéennes de Lesbos, Samos et Chios, par exemple, il n’est pas possible depuis des mois de maintenir les distances nécessaires ou d’acheter des produits d’hygiène pour tous les résidents, et il n’y a pas non plus suffisamment de masques pour se protéger et protéger les autres de l’infection. Les conditions d’isolement désastreuses pour les personnes infectées et leurs contacts ainsi que les conditions médicales générales en temps de pandémie montrent une fois de plus à quelles personnes dans l’Union Européene la protection de la santé s’applique et à quelles personnes elle ne s’applique pas [1], [2].

Mais les conditions inhumaines se manifestent également dans d’autres points chauds de l’UE, comme la côte nord-ouest française ou la route des Balkans. Depuis des mois, des camps provisoires dans les régions côtières de la Manche en France sont brutalement détruits par les autorités répressives locales. Observateurs des droits humains ont récemment documenté la façon dont les flics ont détruit des tentes et des bâches avec des couteaux et ont détruit d’autres effets personnels comme des vêtements, des sacs et des téléphones portables. Avec ces stratégies répressives, plus de 984 évacuations ont été effectuées à Calais et ses environs à la date du 8 décembre. Dans ce processus, le travail des observateurs des droits humains  a été régulièrement torpillé par les autorités, parfois sous le prétexte du règlement Corona [3].  

La situation est similaire sur la route des Balkans. Border Violence Report, fait compte tous les mois sur les refoulements continus (illégaux) de la Croatie ou même de pays voisins comme la Slovénie. Les flics croates, cependant, se distinguent par leurs pratiques de torture et leurs abus physiques [4]. Plusieurs rapports exposent la manière dont les réfugiés sont repoussés illégalement en Bosnie ou en Serbie. Ces refoulements s’accompagnent de agressions corporelles préméditées, stratégiquement planifiées, gratuites et collectivement organisées contre les réfugiés, ainsi que de la destruction de tous leurs biens personnels[5],[6]. De plus, cette année, des cas ont été publiés dans la presse internationale dans lesquels la police croate a marqué des réfugiés avec de la peinture avant que le retour illégal en Bosnie ne soit terminé [7].  

Ces incidents non seulement se poursuivent presque indéfiniment, comme ils soulignent en particulier le caractère raciste de la politique des frontières européennes et une stratégie politique du régime frontalier européen qui ne peut plus être minimisée et qui repose finalement sur la dissuasion au lieu de suivre ses propres valeurs et lois libérales-démocratiques.

Nous, la No Nation Truck, nous voulons resister ces continuités. Depuis plus d’un an, nous organisons notre première mission, qui ne conduit pas à une transformation radicale du racisme politique aux frontières de l’Europe, mais apporte avec elle la solidarité pratique nécessaire pour répondre à ces conditions. En ce moment, ont est en train de finir les dernières réparations sur notre camion, pour que notre opération puisse commencer bientôt. Comme nous l’avons annoncé depuis le début du projet, nous pourrons cuisiner plein de repas chauds dans notre boîte de 7,5 tonnes, fournir des premiers soins médicaux et préparer un système électrique solide pour charger environ 50 portables à la fois. Malgré quelques retards, nous sommes finalement très fiers que nos plans initiaux aient pu être mis en œuvre avec succès et que les travaux pratiques à la frontière extérieure puissent enfin commencer.  

Après avoir passé beaucoup de temps ces derniers mois à discuter sur les aspects de Crewing, des tâches actuelles et sur les structures internes ainsi que à explorer ensemble les stratégies et les possibilités d’action futures, nous commençons la nouvelle année avec un niveau de motivation élevé. En plus de répondre aux besoins fondamentaux mentionnés ci-dessus, nous nous concentrerons sur la documentation et la publication de la violence aux frontières, en collaboration avec d’autres groupes actives sur le sujet. On serais aussi ravis si d’autres groupe se connectent à nos côtés ou avec nous, ce qui contribu également à garantir que les injustices racistes de la politique européenne en matière de migration ne soient pas acceptées sans commentaire ni action. Les acteurs politiques au pouvoir doivent être mis sous pression et les personnes en situation d’urgence ne doivent tout simplement pas être laissées à elles-mêmes !  Nous voudrions également souligner qu’il est possible et nécessaire de lancer des projets politiques et de se rendre capable d’agir par l’auto-organisation, l’autonomie et la structure collective et d’initier des processus d’autonomisation.  

Nous tenons à remercier tous nos supporters, des mains énergiques et solidaires, qui organisent des fêtes et des plateformes de solidarité, grâce auxquelles nous pouvons financer et promouvoir notre projet. Une grande partie de notre professionnalisme actuel (qui n’est pas encore parfait) résulte du grand soutien que nous avons reçu à différents niveaux.  

Restez à l’écoute, restez rebelles – vous aurez de nos nouvelles ! Salutations de solidarité, votre No Nation Truck!

[1] – https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-migrantencamps-moria-hilfsorganisationen-100.html

[2] – https://www.spiegel.de/panorama/camps-fuer-fluechtlinge-in-griechenland-hier-koennen-wir-nicht-leben-a-b13c66e2-fc41-4ec3-b639-e496e470ed43

[3] – https://calais.bordermonitoring.eu/2020/12/09/auf-dem-weg-zur-tausendsten-raeumung/?fbclid=IwAR1rNADiuekEEP1Nb2FQtiKp6UTvtiMBOIfJbmxkFGq_83kKrYw5oaryzDk

[4] – https://www.dw.com/de/kroatien-pushbacks-im-interesse-der-eu/a-55702940

[5] – https://www.borderviolence.eu/background/

[6] – https://www.borderviolence.eu/category/monthly-report/

[7] – https://www.theguardian.com/global-development/2020/may/12/croatian-police-accused-of-shaving-and-spray-painting-heads-of-asylum-seekers

 

 

 

 

 

EIN BERICHT AUS LESVOS – ZWISCHEN ISOLATION UND WIDERSTAND

Stürmische Zeiten. Zwei politische Themen, die dieser Tage nicht aus den Zeitungen herauszudenken wären. Covid-19 und die regide Abschottungspolitik Europas vermischt sich in unseren Köpfen zu einem allumfassenden Unsicherheits- und Ausnahmegefühl. Die sozialen Medien werden mit neuen Hashtags überschwemmt, allen voran #staythefuckhome und #washyourhands. Und damit spiegelt sich die Absurdität dieser Forderungen wider: Wie sollen Menschen auf der Flucht, explizit in einem Camp wie Moria, zu Hause bleiben und sich regelmäßig die Hände waschen?Wir sind zwei unabhängige Aktivist*innen, die seit ca. 2 ½ Jahren regelmäßig auf die Insel Lesvos kommen, um hier migrantische Kämpfe zu unterstützen. Als Kollektivmitglieder des No Nation Trucks waren wir bereits an mehreren europäischen Außengrenzen politisch aktiv. Mit diesem Artikel wollen wir mehrere Aspekte zusammen denken: die Auswirkungen der Coronakrise, die Verhältnisse auf Lesvos und der damit einhergehende globale Rechtsruck. 

/ ZUSTÄNDE IN MORIA BEGÜNSTIGEN KRANKHEITSAUSBRÜCHE ANSTATT SIE EINZUDÄMMEN 

Moria, der Abschiebeknast auf Lesvos und zugleich das größte Geflüchtetencamp Europas. Eine ehemalige Militärkaserne, die seit 2015 als Internierungslager für Flüchtende auf der griechischen Insel fungiert. Die angedachte Kapazität des Lagers beträgt 2.800 Personen. Im April 2020 befinden sich im Camp und dem dazugehörigen Olive Grove ca. 24.000 Menschen, darunter über 40% Kinder. Die sanitären Missstände und unzureichende medizinische Versorgung machten in den vergangenen Jahren regelmäßig Schlagzeilen. Mit dem Coronavirus verschärft sich die Lage erneut dramatisch und es droht eine humanitäre Katastrophe, der niemand gewappnet zu sein scheint. Fließendes, warmes Wasser gibt es für durchschnittlich fünf Stunden am Tag. Das heißt auch, dass Händewaschen am Rest des Tages nicht möglich ist. 1300 Menschen teilen sich einen Wasserhahn.Es gibt lange Schlangen vor den Duschen, bei Toilettengängen und Essensverteilungen. Dabei die zwei Meter Sicherheitsabstand einzuhalten ist schlichtweg unmöglich. 250 Menschen teilen sich eine Toilette. Wie ihr auf den Bildern sehen könnt, sind die Toiletten zusätzlich bis aufs Letzte verdreckt und werden nicht regelmäßig gereinigt. Die Zelte und Hütten, in denen die Menschen leben, stehen dicht an dicht. In den meisten Fällen befindet sich lediglich ein schmaler Gang neben jedem Zelt, um hinein und heraus zu gelangen. Auch hier ist der vorgegebene Sicherheitsabstand de facto nicht umsetzbar. Es gibt kein Abwassersystem. Bakterien und Keime vermehren sich in Windeseile. Unter den gegebenen Zuständen wäre eine rasante Ausbreitung der Krankheit unumgänglich 

/ EUROPA SIEHT ZU ANSTATT ZU HELFEN 

Doch diese Missstände sind systematischer Natur. Fluchtsuchende sollen international abgeschreckt werden und die gefährliche Reise nach Zentral- und Westeuropa gar nicht erst antreten. Während der letzten Wochen arbeiteten wir an dem Bau einer Corona-Isolierstation mit, welche mit 20 Holzhäusschen Kranke isolieren und medizinische Hilfe ermöglichen sollen. In jedem Haus sollen vier Erkrankte Platz finden. Man braucht sich jedoch die Zahlen gar nicht näher ansehen um zu verstehen, dass 20 Häuser für 80 kranke Menschen schlichtweg zu wenig sind. Ein Tropfen auf den heißen Stein und ein weiteres Armutszeugnis für die europäische Migrationspolitik. Bei 24 000 Menschen kann diese Maßnahme als purer Hohn verstanden, eine leere Phrase um das eigene Versagen weiter zu retuschieren.Europaweit ist es bei jeglichen Großveranstaltungen möglich, genügend Toiletten, Duschen und fließendes Wasser zur Verfügung zu stellen, z.B. bei Rock am Ring mit 87.000 Besucher*innen. Das sind Zahlen, die einem Vielfachen der Personen in Moria entsprechen.

 / LESVOS ALS KNOTENPUNKT DER EXTREMEN RECHTEN EUROPAS 

Ursprünglich entschlossen wir uns nach Lesvos zu gehen, nachdem uns immer mehr Nachrichten erreichten, die von Angriffen auf Geflüchtete und Supportstrukturen berichteten. Gezielte Steinwürfe auf neu ankommende Geflüchtete in Schlauchbooten, von Faschist*innen verwaltete Checkpoints und die in Brandsetzung der Schule und Freizeiteinrichtung „One Happy Family“. Mittlerweile hat sich die Lage beruhigt. Vermutlich auch wegen der strikten Ausgangssperre, die in Griechenland seit dem 23. März 2020 verhängt wurde. Eine auffällige Überschneidung zu Deutschland ist hier, dass mit Beginn der Coronakrise anderen politischen Themen keine Relevanz mehr zugeschrieben wird, sich die Öffentlichkeit diesen Themen kontinuierlich abwendet oder sie gar in Vergessenheit geraten. Denken wir dabei an den sich weiter verschärfenden Rechtsruck, welcher in den letzten Monaten in Deutschland immer weiter in den Fokus des gesellschaftlichen Diskurses gerückt wurde und in den Attentaten von Halle oder Hanau Tote forderte. In der gegenwärtigen Situation lässt sich nur hoffen, dass diese Sud keinen weiteren Nährboden im nationalbesinnten Bürger*innentum der Coronakrise findet. Auf Lesvos ließ sich diese Fusion bereits beobachten. Zu den oben benannten Taten bekennen sich Rechtsextreme und Nationalist*Innen. Was wir an dieser Stelle betonen möchten ist, dass diese Aktionen unter den Ersten waren, die von internationalen Faschist*innen verübt wurden und sich direkt gegen Geflüchtete und ihre Supporter*innen richteten. Damit nimmt die braune Vernetzung auch auf Europaebene ein weiteres Ausmaß an.Extreme Rechte fängt an ihr internationales Potential zu nutzen und sich dabei die politische/gesellschaftliche Situation zu eigen zu machen. Anhänger*innen der Identitären Bewegung aus Deutschland und Frankreich reisten nach der einseitigen Grenzöffnung der Türkei und den damit verbunden Unruhen an der griechisch-türkischen Grenze in die Evros Region oder aber auf die Insel Lesvos. Die lokale Antifa reagierte ebenfalls kurzerhand und ließ die selbsternannten Beschützer*innen der Festung Europa schnell wissen, dass sie auf Lesvos nicht willkommen sind. Spätestens seit der Gründung der Fraktion „Identität und Demokratie“ im Europaparlament ist klar, dass sich die Neue Rechte länderübergreifend organisiert. Doch die Zusammenkunft der Rechtsextremen Europas auf Lesvos wurde außerhalb eines EU Parlaments oder einer spezifischen Partei geregelt. Das gemeinsame Feindbild und nationalistische Gedankengut einigt Faschist*innen aus allen Ländern. Mit dem gemeinsamen Agieren auf griechischem Boden wurde ein weiteres Level im globalen Rechtsruck erreicht.

 / JETZT IST DAS HANDELN JEDER*S EINZELNEN GEFRAGT 

All diese Gedanken und Eindrücke lassen uns als Kollektiv und unter Genoss*innen nur mehr zusammenrücken. Wir, als Teil des No Nation Trucks, sehen uns in Anbetracht der Lage noch weiter in die Verantwortung genommen. Denn dabei ist nicht zu vergessen, dass die griechischen Inseln meist nur eine der ersten Stationen für Geflüchtete sind. Überfüllte Camps bedeuten mittelfristig, dass auch auf der Balkanroute wieder mehr Menschen unterwegs sein werden. So trafen wir z.B. im Frühling 2019 in Bosnien zwei Freunde, die wir wenige Monate zuvor auf Lesvos kennengelernt hatten. Sie hatten es inzwischen von der Insel aufs Festland geschafft und sich weiter auf die Balkanroute begeben. Deshalb betrifft dies unmittelbar den zukünftigen Arbeitsfokus des No Nation Trucks. 

 Organisiert euch in Gruppen – bildet Banden – zeigt Solidarität. 

NoNationTruck, April 2020. 

Was in letzter Zeit passiert ist

Unser Kollektiv war den letzten Monat über etwas zersprengt und die meisten von uns unterwegs. Da die Monate davor sehr kräftezehrend für uns waren, war das zeitweilig okay und irgendwie auch dringend mal nötig. In der Zwischenzeit ist trotzdem super viel Arbeit passiert und das Projekt ein großes Stück voran gekommen. 

 Die Bau AG schraubt täglich am Truck. Fenster, Tür, Außenwandisolation, Stromleitungen usw. – der Truck verändert sich kontinuierlich. Zeitgleich wurden andernorts Möbel für die Inneneinrichtung fertig gestellt. Von allem sind coole Fotos entstanden, die wir bei Twitter, Facebook und Instagram für alle hochladen. Aktuell sind neue und schönere Informationsflyer über den NNT in der Mache. Wir haben unsere Crowdfunding-Kampagne dank eurer Unterstützung und dem hammer Imagefilm über den Truck mehr als erfolgreich beenden können und erhalten noch darüber hinweg Unterstützung aus verschiedenen Städten. Unser Bekanntheitsgrad ist längst weit über Berlin hinaus gewachsen. Auch bekommen wir immer mehr E-Mails, in denen uns völlig Fremde ihre Hilfe auf verschiedenen Gebieten anbieten. Netzwerken ist ein großer und wichtiger Bestandteil unserer Arbeit geworden. So sind einige von uns hier in Berlin von Anfang an in den Orga-Strukturen der Proteste gegen die aktuellen Ereignisse an Europas Außengrenzen engagiert, während andere im Ausland die No Name Kitchen, Sea-Eye, die Zig Zag Kitchen for Refugees und die No Border Kitchen supportet haben bzw. noch immer dort sind. Auch wenn der NNT hauptsächlich entlang der bosnisch-kroatischen Grenze unterwegs sein wird, begreifen wir uns natürlich als Teil dieser Kämpfe. Egal ob in Griechenland, auf dem Mittelmeer oder entlang der Grünen Grenze – wir kämpfen überall für offene Grenzen und gegen Rassismus und seine tödlichen Folgen. 

Wir beobachten das Zeitgeschehen sehr genau und besprechen uns in den kommenden Tagen via Telefonkonferenz wie all das die Zukunft des NNT und unsere Planung beeinflussen kann. Danach versorgen wir euch mit neuen Infos. Danke dass ihr die ganze Zeit am Start seid! Ohne euch würden wir das alles nicht schaffen.

03.03.20 – Demo

Heute (03.03.20): Demonstration um 18 Uhr am Kanzlerinnenamt in Berlin

Wir schauen nicht zu, wenn Menschen zu Opfern von Tränengas, Schlagstöcken und Schüssen der Friedensnobelpreisträgerin EU werden! Wir sind gegen eine europäische Abschottung und gegen das Austragen von Politik auf Kosten von Menschenleben. Wir stehen solidarisch mit flüchtenden Menschen und allen, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen!

Seit der einseitigen Grenzöffnung durch die Türkei sitzen tausende Menschen in einem rechtslosen Niemandsland zwischen der griechischen und türkischen Grenze fest. Boote mit flüchteten Menschen werden in Griechenland von Rechtsradikalen am Anlegen gehindert. Die griechische Küstenwache schaut tatenlos zu, während Boote kentern. Zudem werden Flüchtende, Helfer*innen, Politiker*innen und Journalist*innen auf den griechischen Inseln attackiert, bedroht und gejagt.

Griechenland hat angekündigt, den Grenzschutz „maximal zu erhöhen“ und setzt das Asylrecht aus – das widerspricht jeglichem Verständnis der Menschenrechte. Die griechische Regierung stellt flüchtende Menschen als „Invasion“ dar und spielt somit Faschist*innen in die Hände. Die Abschottung der Festung Europa hat ein neues Maß erreicht, die EU setzt brutale Gewalt gegen Schutzlose ein.

Auch in Deutschland melden sich Politiker*innen zu Wort. Sie wollen an der Abschottung und seit vier Jahren am EU-Türkei-Deal festhalten. Diese EU ist bereit, sich von Erdogan und Faschist*innen innerhalb europäischer Mauern erpressen zu lassen. In der Konsequenz sterben Menschen – das ist nicht unsere EU!

In breiter Gesellschaft entstehen Hass und Hetze, in einem Klima das von Rassismus geprägt ist. Die Linien von Hanau nach Lesbos sind klar. Rassismus ist ein strukturelles Machtverhältnis – ein koloniales Erbe. Lasst uns dagegen aufstehen! Here! There! Anywhere!

Wir zeigen Dienstagabend vor dem Kanzler*innenamt, dass wir nicht bereit sind, das zu akzeptieren! Wir wollen nicht in einer Festung leben, an deren Grenze Menschen sterben.

Wir fordern, dass die EU endlich Verantwortung übernimmt und flüchtende Menschen aufnimmt!
Wir fordern sichere Fluchtwege!
Wir fordern ein Ende der Abschottung und des EU-Türkei-Deals!
Wir fordern die Einhaltung von Menschenrechten!
Wir fordern, dass die 138 sicheren Häfen in Deutschland gehört werden!

Wir fordern Horst Seehofer, das Innenministerium, Angela Merkel, die Bundesregierung sowie die Europäische Kommission auf: schützt Menschen statt Grenzen!

Gemeinsam gegen den Faschismus!
Solidarität mit flüchtenden Menschen an der griechisch-türkischen Grenze und auf den griechischen Inseln!

#GrenzenAufLebenRetten #KampfDemFaschismus #KampfdemRassismus #NichtMeineEU #RefugeesWelcome #KolonialeVerantwortung #WirhabenPlatz #DefendSolidarity

BAU UPDATE

Momentan wird fleißig am LKW gebaut.

Zuerst müssen einige Löcher in der Außenwand und andere Kleinigkeiten repariert werden, bevor es an den Innenausbau gehen kann.

Doch wir brauchen immernoch dringend ein paar Materialien!

  • Alustangen (30 Stück a 3m)
  • Beschläge (Riegel, Scharniere, Auszüge, Gasdruckfedern)
  • Blindnietmuttern M10
  • Montagekleber Lösungsmittelfrei für Styropor 25 Kartuschen
  • Dampfsperrklebeband 200lm
  • Dekalin Dichtmasse (1 Katusche)
  • Werkzeug: Ratschenkasten 1/2″ und 3/4″, diverse Zangen,
  • Elektrowerkzeuge bzw. Zubehör, Akkuschrauber, Metallbohrer
  • Spanngurte diverse Größen
  • Siebdruckplatten bis 15mm Stärke
  • Sperrholzplatten bis 15mm Stärke
  • Theaterlatten
  • Schrauben verschiedene Größen
  • Solarkabelstecker MC4
  • Spühle und Herd für Großküchen
  • & natürlich Kohle, Kohle, Kohle

Wenn ihr irgendwas davon habt oder davon hört, meldet euch gerne bei uns!

Hier sind wir

Hallo Hallo,

wir sind das NoNationTruck Kollektiv, derzeit sind wir noch in der Gründungsphase, deshalb ist hier noch nicht allzu viel los.
In Zukunft werdet ihr hier mehr zum NNT ,Veranstaltungen und anderen Themen finden.

Alerta!